EU-Agrarpolitik und Umwelt: Da geht noch mehr

Die Landwirtschaft hat große Auswirkungen auf Umwelt und Natur – positive und negative. Daher hat die Agrarpolitik der EU eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der Biodiversität und der Begrenzung der Klimakrise. Um dies zu erreichen, sind zielgerichtete Förderungen von größter Bedeutung.

Die österreichischen Umweltanwaltschaften haben daher in einer gemeinsamen Stellungnahme konkrete Verbesserungen im neuen EU-Förderprogramm gefordert.

Dazu weisen wir ausdrücklich auf die umfassende Arbeit von 18 Naturschutzfachleuten zu den Herausforderungen bei ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen und naturschutzfachlichen Empfehlungen für künftige Fördermaßnahmen hin (Eichberger et al. 2019), die hier unbedingt zu berücksichtigen sind. Denn sie umfassen bereits ganz konkrete Maßnahmen und begründete Verbesserungsvorschläge zur Zielerreichung. Die Umsetzung dieser Forderungen sind unbedingt notwendig, um die Biodiversität und den Naturhaushalt samt seiner Ökosystemleistungen zu schützen und den European Green Deal erfüllen zu können.

Neben Hecken, Feldgehölzen und Obstbaumbeständen wichtig sind auch attraktive Prämien für Flächen, die später als üblich gemäht werden, als auch Förderungen für einmähdige Magerstandorte mit geringem Heuertrag sowie die Anwendung einer naturkonformen, tierschonenden Mähtechnik, Brache- und Wiesenrandstreifen, auch entlang von Waldrändern und Gewässern. Dies ist insb. auch für den Insektenschutz (Heuschrecken, Schmetterlinge und Libellen) wichtig.

Gezielt gefördert werden müssen auch für Amphibien und Reptilien wichtige Strukturen wie Steinmauern, Lesestein- und Totholzhaufen, feuchte und staunasse Mulden, sowie Vogelansitzwarten (z.B. für Braunkehlchen, Neuntöter und Greifvögel) auf Schlägen.
Auf Weideflächen sind attraktive Prämien zur Auszäunung von ökologisch bedeutenden Lebensräumen wie Mooren und Feuchtflächen notwendig, als auch eine Beschränkung der Tierzahl und Förderung spezieller Haustierrassen für den Erhalt von Mager- und Hutweiden, standortangepasste Almbewirtschaftung und Tierwohl, Festmistsysteme und Kompostierung.

Für Äcker ist nicht nur der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sowie Erosionsschutz wichtig, sondern auch die Förderung des Humusaufbaus, stickstoffbindender Pflanzen und Zwischenfruchtanbau, Humuserhalt und Bodenschutz sowie Schutz von Lerche und Kiebitz durch sog. „Kiebitz-Äcker“ und „Lerchenfenster“.

Mehr Information:

GAP: nationaler Strategieplan für Österreich (incl. Möglichkeiten zur Stellungnahme)

Studie: Maßnahmen und Herausforderungen, Eichberger et. al., 2019

Stellungnahme der österreichischen Umweltanwält*innen

 

 

Neuer NSA-Stellvertreter: Patrick Buhmann

Das Team der Naturschutzanwaltschaft ist wieder komplett: Patrick Buhmann aus Hörbranz hat die Funktion des Naturschutzanwalt-Stellvertreters übernommen, 50 . 50 geteilt mit Johanna Kronberger.

Patrick hat vor kurzem das Studium „Naturschutz und Biodiversitätsmanagement“ in Wien abgeschlossen, seine Masterarbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Urbanisierung auf kleine Säugetiere. Ehrenamtlich hat er sich die letzten zwei Jahre beim Naturschutzbund Wien engagiert.

S 18: Alternativen – ja bitte!

Die Naturschutzanwaltschaft begrüßt die Forderung des Nationalrats, dass die Evaluierung der S18 auch mögliche Querungen im Raum Diepoldsau einschließen soll.
Die Aufregung über den diesen Beschluss können wir nicht nachvollziehen. Schließlich sollte es doch im Interesse aller sein, möglichst verträgliche, zweckmäßige und umsetzbare Lösungen zu finden.
Dasselbe gilt für die „Klima-Evaluierung“ – sowohl Landes- als auch Bundesregierung bekennen sich in ihren Regierungserklärungen ja zur Aktion für den Klimaschutz. Da ist es nur konsequent, auch die konkreten (und teuren) Projekte unter diesen Gesichtspunkten genau anzusehen.

Wir – Vertreter*innen von Naturschutzorganisationen – haben ja schon im Planungsverfahren „Mobil im Rheintal“ eine pragmatische Variante vorgeschlagen, die mit einer Querung im Raum Mäder/Altach und einem Anschluss beim Bruggerloch mit geringen Eingriffen ganz gute Entlastungen erreichen könnte (Mehr dazu habe ich schon 2019 in unserem Blog beschrieben: http://www.naturschutzanwalt.at/s18-alternativlos). Mit einer leistungsfähigeren Querung etwas weiter nördlich könnten diese Entlastungen noch besser ausfallen.

Wir halten es daher für unbedingt notwendig, mögliche Varianten zu prüfen, die Querungen beim Bruggerloch, beim Stadion in Lustenau und im Raum Mäder bis Diepoldsau umfassen.
Immer wieder haben wir betont, dass zu dieser Variante eine Kombination aus Maßnahmen nördlich und südlich von Lustenau gehören, und immer wieder hören wir, dass sie südlichen Querungen halt leider „nichts bringen“. Da stellt sich schon öfters die Frage ob es da am Verstehen-Können oder Verstehen-Wollen fehlt … Wir erwarten  ja gar nicht dass man uns blind glaubt, aber sich vor solchen Urteilen einmal die Daten anzusehen, wäre eigentlich nicht zu viel verlangt.
Hier noch einmal die Wirksamkeit der Varianten aus „Mobil im Rheintal“ (Unten in der Galerie-Ansicht ist jeweils ein Link zum Bild in voller Auflösung. Und ja, dieses Verkehrsmodell ist mittlerweile schon 10 Jahre alt. Aber bei den neueren Planungen wird schon ein aktualisiertes Modell verwendet – das muss genauso für die Variantenprüfung herangezogen werden).

Meine Aussage zur Wirksamkeit der „pragmatischen Variante“ beim VN-Stammtisch ist übrigens leider auch nicht richtig rübergekommen: Die hätte nach den Modellrechnungen 40 – 50 Prozent vom Gesamtverkehr beim Zollamt Lustenau entlastet, den Schwerverkehr könnte man sogar zur Gänze umlagern, weil man dafür Routenbindungen festlegen kann. Natürlich nur, wenn es überhaupt andere Routen gibt.

NSA-Stellvertreter*in gesucht

Im Vorjahr haben wir über die letzte Karenzregelung in der Naturschutzanwaltschaft  berichtet, und schon geht der Baby-Boom weiter und, wir müssen eine Karenz-Karenzvertretung für das letzte Jahr von Anna Waibels Abwesenheit finden.

Zugegeben, eine Stelle fürs Leben können wir nicht versprechen. Dafür aber eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit Einblicken in viele Bereiche, Außendiensten im ganzen Land (und bei jedem Wetter …), ein schönes Büro, ziemlich flexible Zeiteinteilung und ein kleines, aber sehr nettes Team (finden wir …).

Dafür wünschen wir uns jemanden mit Interesse am Naturschutz, der oder die nach Möglichkeit ökologisches Fachwissen, Ortskenntnisse und Kenntnis des Verwaltungssystems mitbringt, sich gut ausdrücken kann, gerne mit Leuten diskutiert und die üblichen Office-Programme beherrscht. Erfahrung mit GIS wäre ebenfalls von Vorteil, außerdem natürlich Belastbarkeit, Flexibilität, Lernbereitschaft und Geländegängigkeit.
Gegen die fallweise unvermeidlichen Auseinandersetzungen und Rückschläge ist auch eine Portion Humor sehr hilfreich.

Wer sich so etwas vorstellen kann, soll sich bitte bis zum 18. Juni bewerben! –  Ausschreibung

Ein paar Einblicke in den wirklich abwechslungsreichen Alltag einer stellvertretenden Naturschutzanwältin zeigt der Rückblick auf die Tätigkeit von Anna Pichler (auch als Anna 1 bekannt). Zugegebenermaßen ist der Anteil der Bürozeit auf den Fotos aber unterrepräsentiert …

Wieder im Heimbüro

Es ist wieder so weit. Auch wir versuchen, so weit wie möglich physische Kontakte zu reduzieren, und großteils von unseren  privaten Scriptorien aus zu arbeiten. Das funktioniert gar nicht so schlecht, aber natürlich sind wir derzeit im Büro kaum erreichbar. Bitte nicht das Telefon erschlagen, lieber ein Email schreiben – die Adresse office@naturschutzanwalt.at kann von allen gelesen werden.

Und falls ihr fragt: Natürlich legen wir Wert auf angemessene Bekleidung am heimischen Schreibtisch, wie die Dame hier links. Niemals würden wir uns unfrisiert und in Jogginghosen an die Arbeit machen. Wir nicht!

Klima- und Umweltchecks: Wichtiger denn je

Acht Vorarlberger Naturschutzorganisationen und die Naturschutzanwaltschaft haben in zwei Schreiben an die Landesregierung gefordert, dass alle Gesetze und Verordnungen, alle Förderungen und alle eigenen und mitfinanzierten Vorhaben des Landes von vornherein auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen des Umwelt- und Klimaschutzes geprüft werden sollen.

Klima-und Umweltcheck Schreiben Februar 2020
Klima-und Umweltcheck Schreiben September 2020
Klima-und Umweltcheck – offener Brief Oktober 2020

Diese Forderungen beziehen sich auf die Ziele, die sich die Landesregierung in ihrem letzten Regierungsprogramm selber gegeben hat. In diesem Programm wird auch ausdrücklich auf den Landtagsbeschluss zum Klimanotstand vom Juli 2019 verwiesen: „Das vom Landtag einstimmig beschlossene Maßnahmenpaket gegen den „Klimanotstand“ ist Leitlinie für die Politik der Vorarlberger Landesregierung.“
Dort wird unter Punkt 3 gefordert „einen Gesetzescheck Energieautonomie und Klimaschutz einzuführen, in dem jedes Gesetz, jede Verordnung und jede Förderung geprüft wird, ob sie den Zielen der Energieautonomie und dem Klimaschutz dient“.

Wir Naturschützer sind mit diesen Zielen voll einverstanden – gemessen werden sie aber an der tatsächlichen Umsetzung, und da wird besonders am Einsatz von finanziellen Mitteln sichtbar, wo wirklich die wichtigsten Interessen liegen
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich noch einmal vieles im Land geändert, das Budget wird durch neue Aufgaben und notwendige Investitionen belastet. Umso wichtiger wird es sein, die öffentlichen Mittel richtig einzusetzen. „Jeder investierte Euro muss zu einer langfristig zukunftsfähigen Entwicklung beitragen und darf keinesfalls Teil des Problems werden“ heißt es deshalb im zweiten Schreiben.

Im Februar antwortete LH Wallner, „dass wir derzeit die konkrete Umsetzung der von Ihnen zitierten Punkte im Regierungsprogramm vorbereiten und wir uns zu diesen Zielen selbstverständlich auch bekennen.“

Das ist sehr erfreulich. Wenn das Land nun aber 1,3 Millionen Euro Förderung für den Bau einer Weltcupstrecke in Lech bezahlt, mit massiven Geländeveränderungen, 22 Meter hohen Flutlichtmasten und einem Schneedepot von 35.000 m3, die mit LKW und Pistenraupen verteilt werden sollen, sind die guten Vorsätze offenbar noch nicht in der Praxis angekommen.

Update 16. 10:
Gerade im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen bei dieser Weltcupstrecke wollten die Naturschützer genauer wissen, wie sich das Land die konkrete Umsetzung der eigenen Grundsätze vorstellt und haben in einem offenen Brief an LH Wallner noch einmal nachgefragt. Klima-und Umweltcheck – offener Brief

Anna, Anna und Johanna – die Zweite

Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir hier darüber berichtet, dass sich Naturschutzanwalts-Stellvertreterin Anna Tschegg nachwuchsbedingt verabschiedete, und ihr Johanna Kronberger und Anna Waibel in Teilzeit nachfolgten.

Nun dreht sich das Rad weiter: Anna Waibel wird Ende Juli eine Familienpause beginnen und Anna Tschegg ihre Stelle (wieder) übernehmen, diesmal zu 50 %.  Die anderen 50 % übernimmt Johanna Kronberger. Die Naturschutzanwaltschaft kann daher nahtlos mit einem vierköpfigen erfahrenen Team weiterarbeiten.

Alles Gute Anna! Willkommen zurück, Anna!

NSA-Frauenpower: Helga Fussenegger – Anna Tschegg – Greta – Kathi Lins – Anna Waibel – Johanna Kronberger

Petition: Tempo 100 in Vorarlberg

Einige junge Vorarlberger haben eine Petition für ein Tempolimit auf der Vorarlberger Autobahn gestartet: Zur Petition

Diese private Initiative können wir nur unterstützen: Tempo 100 ist eine wirksame Maßnahme, die praktisch nichts kostet und sofort umgesetzt werden kann.

Nach einer Berechnung des Umweltbundesamtes können bei einer Reduktion von 130 auf 100 km/h die Stickoxide um fast 20 % gesenkt werden, die Feinstaubemissionen um rund 11 % (FAQStudie). Der Treibstoffverbrauch und damit die CO2-Emissionen werden um rund 10 % gesenkt.

Dagegen spricht eigentlich nichts außer geringfügigen Zeitverlusten, und die fallen bei der Größe unseres Landes nicht sehr ins Gewicht: Die A14 ist vom Grenzübergang Hörbranz bis zum Anschluss Montafon gerade einmal 61,5 km lang. Rein rechnerisch würde man für dieses Strecke bei 130 km/h 28,4 min brauchen, bei 100 km/h 36,9 min, also 7,5 min länger. Tatsächlich wird aber nie ein Schnitt von 130 gefahren (zudem ist auf manchen Abschnitten ja schon jetzt ein niedrigeres Limit), so dass der Unterschied wesentlich geringer ist.
Das UBA hat z.B. mit  konkreten Zahlen berechnet, dass das Tempolimit von 100 km/h in Tirol zwischen Kufstein und Innsbruck (77 km)  lediglich zu einer längeren Fahrzeit von knapp 4 Minuten führt.

Wenn man den ausgerufenen „Klimanotstand“ auch nur halbwegs ernst nimmt, sollte man dieses Tempolimit aus unerer Sicht sofort umsetzen.