Deutsche mögen Wildnis

Deutschland braucht mehr Wildnis und „mehr Natur“ ist die beste Lösung für den Hochwasserschutz. Das sind nur zwei von vielen interessanten Ergebnissen einer neuen Studie die das deutsche Bundesamt für Naturschutz kürzlich präsentiert hat.
Die ganze Studie kann hier heruntergeladen werden (pdf, 9,1 MB)

Einstellungen zum Hochwasserschutz

Auch wenn Theorie und Praxis nicht dasselbe sind: Offenbar ist das Naturverständnis der Menschen viel größer, als die Politik ihnen das zutraut. Beim Hochwasserschutz etwa finden 93 % es „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“, Flüsse und Bäche naturnah zu gestalten, für 90 % mehr Überschwemmungsflächen und Auen zu schaffen. „Höhere Deiche“ ist die am wenigsten populäre Maßnahme, auch der stimmen aber noch über 80 % zu.

Einstellung zu Wildnis Interessant ist auch, dass die Aussagen nicht nur nach Alter und Geschlecht zugeordnet wurden, sondern auch nach den Sinus-Milieus – hier zeigen sich deutliche Unterschiede, etwa in der Einstellung zur Wildnis.

Noch ein paar willkürliche Details:

  • 86 % sehen Naturschutz als wichtige gesellschaftliche Aufgabe, aber nur 40 % meinen, dass in Deutschland genug dafür getan wird.
  • Bei den „neuen“ Wildtieren hat der Biber die meisten Sympathien: Auf die Frage „Wie finden Sie es, wenn sich die folgenden Tiere in Deutschland verbreiten?“ antworten beim Biber 67 % mit „Finde ich gut“. Beim Wolf tun sich die Menschen am schwersten, aber 44 % stimmen immer noch zu.
  • Auch erfreulich für Naturschützer. 92 % der Befragten sind „sehr bereit“ oder „eher bereit“ … „sich beim Aufenthalt in der Natur von ausgewiesenen geschützten Bereichen freizuhalten“

Land gewinnen

Heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass man im „Dammstreit“ in Zwischenwasser endlich eine Lösung gefunden habe (Bericht auf Vorarlberg Online).
Dabei geht es darum, dass nach dem Hochwasser 2005 die Frutz verbaut werden musste, und dafür eine Zufahrt nötig war, um mit den Maschinen an die Baustelle zu kommen. Auch für zukünftige Arbeiten ist es sinnvoll, eine Zufahrt zu erhalten.
Dagegen wehrten sich einige Anrainer und wollten „ihre“ Flächen nicht zur Verfügung stellen – nur stellte sich heraus,  dass diese Flächen eigentlich gar nicht ihre sind, sondern Grundstücke im Eigentum der Gemeinde bzw. der Republik Österreich (das ist das Öffentliche Wassergut).

Frutz 1980er

Frutz 1980er

Frutz 2009

Frutz 2009

Frutz 2012

Frutz 2012

Auf den Luftbildern sieht man sehr gut, wo die Grundstücksgrenzen liegen. Diese und noch viel mehr Informationen findet man im öffentlich zugänglichen Vorarlberg Atlas (Kartenausschnitt) – ich sag’s ja immer: Ein großartiges Angebot des Landes, das noch immer zu wenig bekannt ist.

frutzdamm

Zaun des Anstoßes – (C) VN

Bei allem Verständnis für Gewohnheitsrecht und den Wunsch nach Privatsphäre: Ich finde es schon ziemlich kühn, nicht nur öffentliche Flächen stillschweigend zu übernehmen, sondern auch noch Maßnahmen zu blockieren, die im öffentlichen Interesse liegen (und dazu noch noch dem eigenen Schutz vor Hochwasser dienen). Das Grundeigentum hat bei uns einen besonders hohen Stellenwert – nur wenn der Eigentümer die öffentliche Hand ist, meinen offenbar viele, dort könne man alles machen.

Aber nicht, dass jetzt jemand denkt, nur in Zwischenwasser seien besonders böse Menschen zuhause. Wenn man genau hinschaut, sieht man landauf und landab, wie auf Kosten der öffentlichen Flächen Land gewonnen wird und Gärten und anderes in die Uferbereiche hineinwachsen. Mit schönster Selbstverständlichkeit nutzen Anrainer die öffentlichen Flächen als Parkplatz, als Lagerflächen, Gärten, für Kompost und sonst alles, wofür einem der eigene Grund zu schade ist.

Die Moral von der Geschichte? Erstens sollte die öffentliche Hand nicht jahrzehntelang zusehen, wie ihre Flächen besetzt werden – sie kommt sonst immer wieder soweit, dass sie die im Ernstfall selber nicht mehr nutzen kann, und noch dankbar sein muss, wenn man ihr das ein bisschen erlaubt.
Und zweitens ist noch viel Aufklärung über den Wert von öffentlichen Flächen nötig. Die kommen nämlich allen zugute: Für Sicherheitsmaßnahmen, oder Verkehrsflächen, für die Naherholung, aber auch als Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Blaue Zonen

Leiblach

Überfluteter Auwaldrest an der Leiblach

In den letzten Tag und Wochen konnte man überall sehen, wie sich das Wasser seinen Weg gesucht und sich in den tiefsten Bereichen ausgebreitet hat. Vorarlberg ist diesmal glimpflich davongekommen, aber auch diese relativ kleinen Schäden gehen in die Millionen.
Wieder einmal wird es klar, wie wichtig es wäre, den Gewässern genügend Platz zu lassen bzw. Räume vorzusehen, wo sich im Notfall das Wasser vorübergehend ausbreiten kann. (Der schönste und ökologisch wertvollste Hochwasserschutz wären übrigens intakte Auwälder – auf auwald.info stehen z.B. Bilder und ein Bericht von der Leiblachmündung. Solche Bilder sind bei uns leider extrem selten geworden). Weiterlesen